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Der überschätzte Zinseszins
Der Zinseszins ist des Sparers bester Freund (oder doch eher der Zweitbeste, gleich nach dem Zins). Sollte dies beim Aktieninvestor nicht auch der Fall sein? Meine Antwort hierzu lautet: nein.
Und hier ist der Grund:
Die jährliche Dividendensteigerung ist dem Zinseszins überlegen
Schüttet ein Unternehmen jährlich eine höhere Dividende von 3 Prozent aus, so steigen ihre Erträge schneller, als wenn Sie eine Dividende von konstant 3 Prozent wieder in neue Aktien (=Zinseszins) investieren. Warum das? Weil bei einer Dividendenerhöhung sich ihre komplette Position "höher verzinst", während beim Zinseszins lediglich der Betrag zusätzlich verzinst wird, den Sie in Form von Dividenden wieder angelegt haben.
Das heißt, Sie verzichten beim Zinseszins auf Konsum und sind trotzdem ärmer dran, als wenn Sie in eine Wachstumsaktie investieren, die jährliche höhere Dividenden ausschüttet!
Damit ist eigentlich schon das Wesentliche gesagt. Für den Zinseszins erschwerend kommt bei Kleinanlegern hinzu, dass Sie den Zinseszins oft überhaupt nicht realisieren können. Sei es, weil das Unternehmen keine Stockdividende anbietet, sei es, weil der Dividendenbetrag zu gering ist, um eine Aktie zu erwerben. Gerade bei Unternehmen, die vier mal im Jahr ausschütten, muss man schon ein paar Aktien besitzen, damit bei einer Ausschüttung eine Dividende zusammen kommt, die wenigstens für eine neue Aktie reicht. Und selbst wenn das der Fall ist, zahlen Sie für den Erwerb dieser einen Aktie Gebühren an ihre Bank.
Soll ich als Kleinanleger also keinen Zinseszins in Form von Stockdividende realisieren?
Das habe ich nicht geschrieben. Ich habe Sie lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass die Dividendensteigerung dem Zinseszins überlegen ist. Deshalb ist der Zinseszins aber keine schlechte Sache an sich. Insbesondere dann nicht, wenn Sie diesen mit der Dividendensteigerung kombinieren können und die Gebühren nicht so sehr ins Gewicht fallen. Der Zinseszins ist dann als Nachbrenner der Dividendensteigerung zu verstehen.
In folgender Grafik ist zu sehen, wie sich 10.000 € auf 20 Jahre in verschiedenen Kombinationen entwickeln. Abgeltungssteuer und Gebühren lasse ich hier der Einfachheit halber außen vor.
Von folgenden Parametern gehe ich aus:
- Anfangsverzinsung / Dividende: 3 Prozent
- Dividendensteigerungsrate: 8 Prozent (entspricht in etwa Coca-Cola oder Procter & Gamble)

Interessierte können die Exceldatei mit der Berechnung hier herunterladen:
Wenn Sie Lust haben, schauen Sie einmal in der Datenbank nach, ob Sie dort Wachstumswerte finden, die eine Dividendensteigerungsrate auf 10 Jahre von mindestens 8 Prozent haben und eine aktuelle Dividendenrendite von 3 Prozent oder mehr.
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Kommentar von Rene |
Hallo Torsten,
toller Blog und interessante Einsichten zu Zins-; Zinseszins sowie Dividendensteigerung. Deine Datenbank ist der Hammer und verdient eine unbedingte "(Dividenden-) Hamsterpfote hoch! Alles Gute mit Deinem Blog und gemeinsame Erfolge.
Gruß René
Antwort von Torsten
Hallo René,
danke für das Lob. Ich werde mir den Kommentar ausdrucken und wie Dagobert Duck seinen ersten selbst verdienten Dollar hüten ;)
Auf gute Zusammenarbeit und Gruß,
Torsten
Kommentar von Freelancer Sebastian |
Geniale Datenbank! Großartige Arbeit!
Antwort von Torsten
Danke für das Lob. So etwas ließt man immer gerne.
Gruß!
Kommentar von Felix |
Hallo Torsten,
so ganz kann ich die Argumentation nicht nachvollziehen. Zinseszins ist doch nicht nur, wenn ich Dividenden reinvestiere. Wenn ein Unternehmen im Schnitt jährlich die Dividende um 5 % steigert, dann wirkt bei der Dividendenausschüttung der Zinseszins. M.a.W. die Dividende wächst expotenziell, und das bedeutet für mich auch Zinseszins.
Antwort von Torsten
Hallo Felix,
"Zinseszins ist doch nicht nur, wenn ich Dividenden reinvestiere."
Doch. Ich unterscheide ganz klar zwischen Zinseszins und Dividendensteigerung. Und meiner Meinung nach ergibt das auch Sinn.
Der Zinseszins bezieht sich nur auf auf den bereits erhaltenen Zins / die erhaltene Dividende, die sich wiederum verzinst, bzw. Dividende generiert. Im Regelfall fließt beim Kleinaktionär die Dividende als Geld auf das Konto und es passiert damit erst mal nichts. Deshalb kassiert er dann auch keinen Zinseszins.
Für die Dividendensteigerung aber muss der Kleinaktionär nichts tun. Pro Wachstumsaktie steigt der Dividendenbetrag - hoffentlich - automatisch von Jahr zu Jahr.
Gruß!
Kommentar von wirtschaftswaise |
Unser Depot ist bunt gemischt und die Dividenden landen in der Tat "als Geld" auf dem entsprechenden Girokonto, das mit dem Depot verbunden ist.
Dort werden sie gesammelt und beim nächsten Kauf en bloc "verbraucht". Wir haben einen monatlich fixen Investmentbetrag, der durch die reinvestierten kumulierten Dividenden langsam immer weiter anwächst. Dadurch wird auch der Anteil der fixen Gebühren bei jedem Kauf langsam immer geringer.
Mehr kann man wohl nicht tun, solange man keine Dividenden entnehmen will oder muss.
Antwort von Torsten
Ja, das indirekte Re-Investieren über Bar-Dividende ist natürlich die Alternative zur Stock-Dividende. Und je nachdem, wie die Gebühren für die Stock-Dividende ins Gewicht fallen und ob man überhaupt noch die betroffene Position ausbauen möchte, ist mal das Eine, mal das Andere vorzuziehen.
Gruß!
Torsten
Kommentar von Rico |
Hi Torsten, ich habe in der Vergangenheit auch viel zu selten auf die Dividendensteigerungen geschaut. Das Problem damit ist, dass sie wieder spekulativ sind. Die aktuelle Dividendenrendite ist hingegen vergleichsweise "sicher". Von daher ist es psychologisch einfacher, eine Aktie mit hoher Anfangsdividende gegenüber einer Aktie mit hoher Steigerung vorzuziehen. Dein Vergleich macht Sinn, wenn beide aktuellen Dividendenrediten gleich sind -- meist sind die starken Wachstumstitel aber niedriger verzinst, während die stabilen Zahler mit wenig Wachstum höhere Zinsen generieren. Da musst du also erstmal ganz schön viel Wachstum erreichen, bis du überhaupt die höhere Rendite eines "langsamen Zahlers" erreichst. Bestes Beispiel war in der Vergangenheit AT&T oder auch GSK. Mit einer Rendite von 6% musst du ganz schön lange warten, wenn du als Alternative mit 2% und 20% Wachstum anfängst. :-)
Viele Grüße
Rico
Antwort von Torsten
Hallo Rico,
ja, die Dividendensteigerungsraten sind historisch, und daraus die Zukunft abzulesen ist mit Unsicherheit behaftet. Spekulativ würde ich es aber nicht nennen, wenn man davon ausgeht, dass X Unternehmen, die sich durch konstanten Dividendenzuwachs ausgezeichnet haben, auch in den nächsten Jahren in der Lage sein werden, die Dividende weiter zu steigern.
Und ja, hohes erwartetes Dividendenwachstum bezahlt man beim Kauf mit einer niedrigeren Einstiegsrendite. Aber wenn die Erwartungen des Marktes eintreffen, dann hast du sowohl Dividenden- als auch Kurszuwächse durch den steigenden Unternehmensgewinn. Ob ein Unternhmen ein stabiler Zahler ist, hat nichts mit der Höhe der Dividende zu tun.
AT&T ist historisch gesehen nicht in der Lage, seinen Gewinn zu steigern. Deshalb auch kaum Dividendenwachstum. So eine Aktie würde ich mir nicht zulegen. Das Gegenbeispiel ist Novo Nordisk. Als ich die Aktie gekauft habe, hatte ich eine Dividendenrendite von sicher unter 2%. Heute habe ich persönliche Dividendenrendite von knapp 9% und der Aktienkurs hat sich gut vervierfacht. Das gelingt natürlich nicht immer, aber doch recht häufig. Das kann man auch an meinen Liveportfolios sehen.
Gruß zurück und ein gutes Händchen mit den Derivaten!
Torsten
Kommentar von Mama |
Hallo, interessant, danke. Was hältst du von Church&Dwight? Die schütten ja bereits seit über 100 Jahren Dividende aus und steigern diese mE bereits seit über 40 Jahren. Oder besser Aktien mit hoher Dividende wie Royal Dutch Shell oder Imperial Brands?
Danke und LG,
Jenny