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Kann es denn wirklich so einfach sein?

Vor kurzem bekam ich diese Frage:

„Also, ich kann das irgendwie nicht so ganz glauben, dass es so einfach ist mit einer Kennzahl den Markt zu schlagen.“

Folgende Argumente des Zweifels folgten:

„1) Richtig ist, dass man mit dieser Kennzahl die Aktien filtert, die in den letzten Jahren die stabilste Gewinnentwicklung hatten und somit eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit auf gute Kurssteigerungen hatten

2) Wenn es so einfach wäre, würden bestimmt schon viele Fondsmanager auf einen ähnlichen Ansatz setzen ... und der müsste funktionieren, weil die Überrendite höher als die Kosten ist

3) M.E. wird der Survivorship Bias unterschätzt. Ein realer Backtest müsste mit der Aktienselektion aufgrund dieser Kennzahl vor 10 oder 15 Jahren beginnen und dann schauen wie es sich entwickelt.

4) Das Problem ist ja auch, wie die Gewinnstabilität an den Börsen bezahlt wird. Die Aktienkurse laufen seit 10 Jahren aufwärts, dementsprechend sind die Wachstumsaktien allgemein sehr teuer.“

Ich vermute, dass diese Zweifel von einigen Mitlesern geteilt werden und bin deshalb gerne auf die einzelnen Punkte eingegangen. In der Überschrift jeweils die Frage und im Folgetext die dazugehörige Antwort meinerseits.

"Also, ich kann das irgendwie nicht so ganz glauben, dass es so einfach ist mit einer Kennzahl den Markt zu schlagen."

Zunächst ein kleines Detail: es handelt es sich nicht um eine, sondern um zwei Kennzahlen, die im sogenannten Correlation-Growth-Model verarbeitet werden:

  1. Die Stabilität des Gewinns
  2. Die Steigerungsrate des Gewinns

Auf Basis dieser Kennzahlen trennt man die Spreu vom Weizen und filtert dann bei Bedarf mit weiteren Kennzahlen entsprechend der eigenen Anlagestrategie (Dividenden, Bewertung, etc.). Im Detail nachzulesen im Artikel "Wie Kennzahlen uns in die Irre führen" auf AlleAktien.de.

Verfährt man so, lässt man automatisch die klassischen Fettnäpfchen vieler Anleger aus, nach dem Motto, ich kaufe:

  • Deutsche Bank, weil der große Name gerade billig zu haben ist
  • Procter & Gamble, denn geschissen wird immer
  • General Electric, weil dieser Traditionskonzern großartige Turbinen baut
  • AT & T, weil die hohen Dividenden sicher sind. Ist ja ein Dividendenaristokrat
  • Aktie XYZ, von der mein Arbeitskollege schwärmt

Das Auslassen dieser Fettnäpfchen ist ein riesiger Mehrwert. Wie hoch die Chance ist, den Markt zu schlagen, hängt von der eigenen Anlagestrategie ab. Mit solchen Pauschalbehauptungen bin ich deshalb sehr zurück haltend.

"Wenn es so einfach wäre, würden bestimmt schon viele Fondsmanager auf einen ähnlichen Ansatz setzen"

Meiner gut 10-jährigen Erfahrung in der Frankfurter Finanzbranche nach überschätzt du die Fähigkeiten der Investmentindustrie und unterschätzt sowohl die Innovation als auch den Aufwand, der für die Umsetzung des Models im Aktienfinder notwendig ist.

„Der Fondsmanager“ kennt das Model schlicht und einfach nicht. Entsprechend müsstest du ihm erst einmal erklären, wie es funktioniert. Davon abgesehen ist ein Investment in Unternehmen mit langfristig steigenden Gewinnen nicht für jeden Fonds geeignet. Zu nennen sind beispielsweise Hegdefonds mit Shortstrategien oder Fonds, die stark auf unterbewertete Aktien setzen, etc. Bzgl. Fähigkeiten der Investmentindustrie bin ich z.B. davon überzeugt, dass die meisten Fondmanager und sicherlich so gut wie alle Vermögensverwalter mit dem systematisch falschen KGV/KBV/etc. arbeiten. Nachzulesen in "Das KGV-Komplott" auf AlleAktien.de.

"M.E. wird der survivorship Bias unterschätzt. Ein reeler Backtest, müsste mit der Aktienselektion aufgrund dieser Kennzahl vor 10 oder 15 Jahren beginnen und dann schauen wie es sich entwickelt."

Diesen Backtest habe ich durchgeführt. Und zwar noch etwas verschärft, weil ich für die Aktienselektion bis in die Neunzigerjahre zurück gegangen bin und dann untersucht habe, wie es in den zwei Folgejahrzehnten mit den Unternehmen mit stabiler Gewinnsteigerung weiter ging. Nachzulesen in diesem Artikel auf Seeking Alpha.

Drei Tage nach Veröffentlichung des Artikels hatte ich den ersten Vertrag mit einem Vermögensverwalter in den USA.

"Das Problem ist ja auch, wie die Gewinnstabilität an den Börsen bezahlt wird. Die Aktienkurse laufen seit 10 Jahren aufwärts, dementsprechend sind die Wachstumsaktien allgemein sehr teuer."

Diese Aussage stimmt so nicht. Wenn man im Aktienfinder z.B. nach der Stabilität des operativen Cash-Flows > 0.8 und einem fairen Wert auf Basis dieses Cash-Flows < 10 % Überbewertung filtert, so erhält man annähernd 100 Treffer. Natürlich muss man sich die Aktien einzeln anschauen, bzw. noch weiter filtern, aber günstige Gelegenheiten für Qualitätsaktien gibt es in jeder Marktlage.

Fazit:

Oft machen wir die Dinge komplexer als sie eigentlich sind, unterschätzen unseren gesunden Menschenverstand und vermuten Weisheit an Stellen, wo es sie nicht gibt.

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