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Kritik zu “Vorsicht Dividendenaktien” von Großmutters Sparstrumpf
Christian Thiel veröffentlichte auf seinem Blog vor kurzem eine zweiteilige Serie mit dem provokanten Titel „Vorsicht Dividendenaktien“. Er verbindet Dividendenstrategien mit schlechter Rendite und macht dies an den Beispielen von AT&T, Coca-Cola, Procter & Gamble fest. Später werden auch Unternehmen wie General Mills, Colgate, Pepsi und Unilever ins Feld geführt.
Die „Dividendenstrategie“ als nebulöser Kampfbegriff
Das Problem an dem Artikel ist, dass der Begriff „Dividendenaktie“ genauso schwammig ist wie der Begriff „Dividendenstrategie“. Und da der Begriff so schwammig ist, darf ihn jeder für seine eigenen Zwecke interpretieren und als Kampfbegriff ins Feld führen. Christian scheint unter Dividendenstrategie eine Dividendenfixierung auf Aktien mit hoher Dividendenrendite und/oder einer langen Dividendenhistorie zu verstehen, was sich an den oben genannten Aktien erkennen lässt. Mit den von von ihm genannten Unternehmen wurde im Schnitt tatsächlich eine schlechte Peformance erzielt. Nicht umsonst werden AT&T, Procter & Gamble, etc. in meinen eigenen Artikeln oft als Negativbeispiele herangezogen.
Dennoch: einen grundlegenden Zusammenhang, ob ein Unternehmen Dividenden ausschüttet oder nicht und wie die zu erzielenden Rendite für den Investor ausfällt, gibt es nicht. Als Mitglied der FANG-Gemeinde schüttet sogar Apple Dividende aus. Somit kann auch Apple Teil einer Dividendenstrategie sein.
Faktisch ist der Begriff Dividendenstrategie unbrauchbar, solange man ihn nicht konkretisiert. Die einzige Klammer um eine jede Dividendenstrategie ist die Notwendigkeit, dass eine Aktien Dividende ausschütten muss.
Das wahre Problem: die Vernachlässigung der Gewinnentwicklung
Das Grundproblem vieler Dividendenfans ist das Ausklammern der Gewinnentwicklung. Denn wer sich auf die Dividende fixiert, für den liegt es nahe, zu dividendenbasierten Kennzahlen zu greifen, wenn es um die Auswahl der passenden Aktien geht. Beispiele hierfür sind die aktuelle Dividendenrendite, die Dividendensteigerung seit x Jahren oder das Dividendenwachstum über y Jahre. Dividendenbasierte Kennzahlen sind in Ordnung, wenn sie zusätzlich angewendet werden. Als alleiniges Selektionskriterium jedoch sind sie ungeeignet. Auch die alleinige Einbeziehung der Ausschüttungsquote halte ich für unzureichend, da diese Kennzahl lediglich einen Schnappschuss darstellt, der nichts über die Gewinnentwicklung aussagt.
Gleich, welche langfristige Strategie man fährt. Immer muss die Gewinnentwicklung des Unternehmens berücksichtigt werden (1). Zur Anschauung zeige ich einen Auszug aus dem Aktienfinder, in dem die Kennzahlen jener Unternehmen zu sehen sind, die in Christians Artikel erwähnt werden. Die Sortierung erfolgt aufsteigend nach dem Wachstum des Gewinns der letzten 10 Jahre.
Wir sehen, dass die von Christian als abschreckendes Beispiel für die Dividendenstrategie ins Feld geführten Unternehmen jene mit dem niedrigsten Gewinnwachstum sind (Coca-Cola, AT&T, P&G). Die von Christian präferierten Unternehmen hingegen sind jene mit dem höchsten Gewinnwachstum. Facebook ist nur deshalb ganz oben, weil es noch keine 10 Jahre an der Börse ist und kein Gewinnwachstum über 10 Jahre vorhanden ist. Das Gewinnwachstum über 5 Jahre macht jedoch klar, dass Facebook zu den gewinnstärksten Unternehmen überhaupt gehört.
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Gewinnwachstum ohne Stabilität des Gewinns (Kennzahl: Stabilität des Gewinns) nichts wert ist. Ich habe dies detailliert in dem Artikel Ihre zwei wichtigsten Kennzahlen beschrieben. Die relativ niedrige Gewinnstabilität der FANGs wiederum hat damit zu tun, dass in der Historie dieser Unternehmen die Gewinnerzielung nicht im Vordergrund stand, sondern das Wachstum. Mehr dazu gibt es in diesem Artikel über Amazon.
Christians Vorschlag, sich für eine bessere Rendite an den Mid-Caps, bzw. den M-Dax Unternehmen zu orientieren, fehlt die wahre Begründung. Mit diesen Unternehmen lässt sich deshalb oft eine bessere Rendite erzielen, weil ihre Gewinnentwicklung oft dynamischer verläuft als die der ganz großen Unternehmen. Es ist bekannt, dass es mit zunehmender Unternehmensgröße schwieriger wird, die Wachstumsraten beizubehalten.
Die Wachstumsstrategie auch für Dividendenfans
Dividendenfans sind wie alle anderen langfristig orientieren Investoren auch gut beraten, gewinnbasierte Kennzahlen bei der Aktienauswahl miteinzubeziehen. Zwei der drei beispielhaften Umsetzungen der Wachstumsstrategie - die ebenso wie die Dividendenstrategie nur ein Oberbegriff ist, den man ausfüllen muss – zielen explizit auf Dividendeninvestoren ab: Dividendenbunker und Dividendensprinter.
Die Wachstumsstrategie berücksichtigt, dass die Gewinnentwicklung die entscheidende Stellschraube für die künftige Rendite ist und setzt deshalb an der Gewinnentwicklung an, während die Dividendenstrategie an der Dividende ansetzt. Notwendige Bedingung für die Auswahl einer Aktie im Rahmen einer konkreten Wachstumsstrategie ist stets eine befriedigende Gewinnentwicklung. Von den Aktien, die Christian zu Recht kritisierte (AT&T, etc.) bleibt man so automatisch verschont.
Fazit
Solange jeder den Begriff „Dividendenstrategie“ für seine Zwecke benutzt, solange reden die Leute aneinander vorbei. Und solange der Begriff „Dividendenstrategie“ zur alleinigen Fixierung auf die Dividende führt, werden Anleger keine optimale Rendite erzielen.
P.S.: Christian ist aus meiner Sicht eindeutig der Wachstumsstrategie „Gewinnrakete“ zuzuordnen.
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