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Meine Optionen: Von Covered Calls bis Waterloo
Nun hat es auch mich erwischt. Zeit, die letzten Monate im Optionshandel zu rekapitulieren. Ansichten und Einsichten auch für Nicht-Stillhalter.
Der Anfang: Teure „Nummer Sicher“
Im April habe ich mit dem Verkauf von Aktienoptionen angefangen. Zunächst habe ich Covered Calls auf eigene Aktien verkauft. Die Strikes lagen etwas bei 3-5 Prozent über dem aktuellen Preis. Die Idee war, eine zusätzliche Prämie zu den Dividenden zu kassieren. Geklappt hatte es aber nicht. Klar, die Prämie habe ich bekommen, doch mehr als einmal liefen meine Optionen ins Geld und ich habe die Optionen dann mit Verlust zurückgekauft. Als langfristig orientierter Investor will ich meine guten Aktien ja nicht hergeben. Je nach realisiertem Kursgewinn müsste ich dann noch mehr oder weniger Steuern bezahlen.
Als einer der Wenigen (der Einzige?), veröffentliche ich all meine Optionstrades live. Wer meine Verlusttrades der ersten Tage sehen möchte, findet sie unter den Nummern 4, 5, 6 und 10 unter dem Menüpunkt "Meine Optionen" (damals habe ich meine Optionen übrigens noch nicht kommentiert, so wie ich es heute tue).
Covered Calls ade: Echter Optionsverkauf
Langer Absatz, etwas Sinn: ich habe meine Options-Strategie umgestellt. Ab Trade 14 begann ich, Optionen auf Aktien zu schreiben, die ich nicht im Bestand hatte. Und zwar sowohl Calls als auch Puts. Wie man in den Aufzeichnungen sehen kann, fiel das Gesamtergebnis nun besser aus. Einzelne Verluste fielen an. Durch Rollen konnte ich die Verluste jedoch minimieren oder landete in Summe sogar im Plus. Beispiele hierfür sind Nvidia (Gerollt von Trade 27 auf Trade 36) oder Western Digital (Gerollt von Trade 35 auf Trade 39).
Da man bei Aktienoptionen mit Calls meist weniger Prämie einnimmt als mit Puts und man Calls zudem schlechter rollen kann, habe ich schließlich auch aufgehört, ungedeckte Calls zu verkaufen. Der Trade 31 ist mein letzter ungedeckter Call gewesen.
Das Regelwerk: Don’t Panic!
Zwischendurch habe ich immer wieder an meinem Regelwerk gefeilt. Der Feind des Stillhalters ist Spontanität, die leicht zu spontaner Hektik und weiter zu panikartigen Handlungen führen kann, wenn es gegen einen läuft. Auch ohne ein Kenner auf dem Gebiet der Optionen zu sein, lässt sich vermuten, dass Panik und gehebelte Produkte eine eher ungünstige Kombination darstellen. Deshalb also Regeln, an die man sich gefälligst zu halten hat – auch wenn es mir manchmal schwerfällt und nicht immer gelingt.
Jedenfalls war ich die letzten Wochen und Monate insgesamt mit meinem Ergebnis zufrieden. Bei Trade 52 hatte ich Mist gebaut (Regelverstoß!), aber alles im monetären Rahmen. Bei Trade 50 hatte ich mich zum erstem Mal ausüben lassen. Seitdem habe ich 200 L Brands im Depot. Meist lasse ich mich nicht ausüben und kaufe stattdessen mit Verlust zurück.
Equifax: Mein Waterloo
Vom Wesen her sind Optionen Versicherungen. Je höher die Unsicherheit, desto höher die erzielbare Prämie. Bei Equifax, einer Art Schufa in den USA, war und ist die Unsicherheit wegen geklauter Daten sehr hoch. Meist kommt es nicht so schlimm, wie sich die Marktteilnehmer das ausmalen. Gier und Angst - man kennt das ja. Bei Equifax hingegen schon. Und hier hat es mich volle Breitseite erwischt. Wie üblich habe ich Puts weit aus dem Geld verkauft. Der Abstand zum Strike zwischen 16,5 bis über 24 Prozent. Es hat nicht gereicht. Der weitere Kurssturz war zu heftig. 2 Optionen mit 5 Kontrakten musste ich zurückkaufen (Trades 70 und 72). Der Verlust hier gut 1.600 Euro. Weitere 2 Kontrakte mit Strike 90 (Trade 73) sind ebenfalls in Gefahr, mir Verluste zu bescheren.
Das Bild unten stammt aus meiner Handelplatform. Die dritte Spalte von rechts zeigt die Höhe des angefallenen Verlusts, der sich bis zum Schließen noch erhöht hat. In der Spalte rechts kann man sehen, dass sich der Wert der Equifax-Optionen innerhalb eines Tages teilweise um über 300 Prozent erhöht haben. So also sieht der oft zitierte Hebel aus.
Im Zuge des Schließens habe ich trotz der blutigen Nase neue Optionen geschrieben. Ich kann mir denken, dass einige Leser nun meinen, ich hätte Geld zu verschenken oder wäre masochistisch veranlagt. Dem ist nicht so. Ich versuche, jeden Trade einzeln zu beurteilen. Was vorher war, spielt keine Rolle. Chattechnisch ist es ein Griff ins fallende Messer. Doch bis zum Aufprall ist viel Luft, knapp 25 Prozent. Und sollte es zum Schlimmsten kommen, werde ich mich – wenigstens teilweise – ausüben lassen. Unter der Annahme, dass es sich hier zwar um einen Gau - jedoch einen einmaligen Gau mit einmaligen Belastungen – handelt, halte ich Equifax bei 75 Dollar für unterbewertet.
Im Bild unten die langfristige Entwicklung von Equifax inklusive der Berechnung des historischen Fairen Werts aus dem Aktienfinder. In die Prognosen sind die Belastungen aus dem Datenleck allderings noch nicht eingeflossen.
Sind Optionen Teufelzeug?
Wie so oft: es kommt drauf an, was man draus macht. Bei den meisten Verlierertrades hatte ich meinen Anteil, dass es dazu kam. Im Fall Equifax hatte ich die Dynamik des Einbruchs eindeutig unterschätzt. So etwas passiert. Schade natürlich, wenn dies dazu führt, dass mehrere Monate Optionsgewinne dadurch ausgelöscht werden. Das spezielle Equifax-Problem bei mir ist die im Vergleich zu den anderen Trades hohe Prämie, was wiederum damit zu tun hat, dass bei der allgemein niedrigen Volatilität das Optionsschreiben erschwert wird, da ich mich bisher nur auf Aktienoptionen beschränke. Allerdings besteht keine Gefahr, dass ich mein Konto „schrotte“, wie es so schön heißt. Das maximale Verlustrisiko im Sinne der 200-Prozent-Regel in Relation zum Depotwert setzt mir Grenzen, die dazu führen, dass ein Verlusttrade zwar weh tut, aber nicht die Existenz des Depots bedroht.
Wie geht’s weiter?
Bleibt zu hoffen, dass für mich die nächsten Trades wieder erfolgreich verlaufen und Sie einen ungeschminkten Einblick in die Welt der Optionen genossen habe, etwas Gänsehaut inklusive. Wenn Sie ein reiner Buy-And-Hold-Investor sind und bleiben wollen, kann ich das gut verstehen. Ich bin ebenfalls in erster Linie langfristig investiert, versuche aber dennoch, mir über den Optionshandel einen weiteren Einkommensstrom aufzubauen, weil ich daran glaube, dass es mit der entsprechenden Erfahrung und Disziplin gelingen kann. Wie mein Versuch weiter geht, können Sie ja live verfolgen.
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Kommentar von Matthias Schneider |
Moin Torsten,
dumm gelaufen.
Ohne altklug wirken zu wollen, aber solche Dinge sind genau das, wovon ich mal neulich sprach.
Aus dem Grund, und weil ich den Optionshandel nicht zentral betreiben will, sondern als Beiwerk, habe ich für mich eigene "Regeln" beschlossen. Verlust-Trades werden nicht gemacht.
Bei jedem short Put wird davon ausgegangen, dass ich diese 100 Aktien zum Strike auch kaufen würde. Somit wird nicht mit Verlust die Option geschlossen, sondern eine Ausübung ausgesessen. Das mag unprofessionell sein für einen hauptberuflichen Optionstrader, aber richtig für mich.
Der Buchverlust ist dann immer noch geringer, als wenn ich die Aktie tatsächlich einfach gekauft hätte.
Aktuelles Beispiel ist TEVA bei mir. Da habe ich nach dem Absturz einen Put für 80 USD verkauft mit Strike 17,50 USD. Danach ging es immer weiter abwärts tief ins Geld. Ich hätte nach den herkömmlichen Regeln längst den Verlust realisieren müssen. Das kommt für mich aber nicht in Frage. Dann nehme ich die eben zu 17,50-0,80 ins Depot. Das war sie mir beim Verkauf des Put wert.
Inzwischen ist der Put ja wieder über Wasser, und läuft nächste Woche aus. Ich habe mir also einen Verlust erspart, indem ich einfach stur nach meiner eigenen Überzeugung gehandelt habe. ;-)
Das würde mich am meisten ärgern, wenn ich Verlust durch Einhalten von Regeln realisiere, und danach hätte sich bei Aussitzen alles in Luft aufgelöst.
Und aus dem Grund verkaufe ich nur Puts auf Werte, bei denen ich mir die Einbuchung auch leisten könnte mit vorläufiger Inanspruchnahme des Fremdkapitals.
Guten Erfolg für Dich!
MS
Antwort von Torsten
Hallo Matthias,
in der Tat dumm gelaufen. Wie üblich mit einem Anteil Selbstverschulden. Ich habe mein Rückkaufregel entsprechend angepasst.
Deine Strategie des Aussitzens und Ausüben lassens, kann auch nach hinten losgehen. Hast du z.B. einen Strike 100 und die Aktie fällt nach einer Desastermeldung wie bei Equifax oder zuvor Target auf z.B. 80, so würde ich nach der 200-Prozent-Regel aussteigen. Wegen der dann hohen Volatilität sagen wir mal mit 3 Dollar * 100 = 300 Dollar Verlust. Inneren Wert hat die Option des Schließens bei mir nicht, da bei meinen Out-The-Money Optionen zuvor die Rückkaufregel greift.
Wenn du den Put geschrieben hättest, würdest du zuschauen, bis die Aktie auf 80 fällt (so tief im Geld würde ich nun auch nicht mehr zurückkaufen) und dich - worst case - bei dem Kurs ausüben lassen.
Nun stünden 300 Dollar realisierter Verlust 2000 Dollar Buchverlust minus Prämie gegenüber. Und du hättest Geld in Höhe von 10.000 Dollar minus Prämie auf unbestimmte Zeit gebunden, während ich noch 9.700 Dollar frei zur Verfügung hätte (für den nächsten Verlusttrade ;).
Hat also alles seine Vor- und Nachteile.
Auch dir viel Erfolg und Gruß,
Torsten
Kommentar von PowWow |
Hallo Torsten,
schön, eine weitere Seite gefunden zu haben, auf der jemand seine Aktionen mit Optionen dokumentiert.
Deine finde ich darüberhinaus bisher am besten (wegen der Kommentare und das man es mitverfolgen kann, wann du eine Position schließt und öffnest). Lediglich eine Art Push in meinem Feedreader wäre noch eine Aufwertung (falls du Position öffnest oder schließt). Ist dir dafür zufällig eine Möglichkeit bekannt, ohne dass ich mehrmals täglich die Seite prüfe um festzustellen, dass keine Änderungen stattfanden?
Verstehe ich es richtig, dass du zukünftig auf deinen Bestand keine Covered Calls mehr schreiben willst? Falls ja, mir erschließt sich nicht ganz warum. Klar, das Thema Steuern bei einer Ausübung kann ich schon nachvollziehen. Mir scheint es dennoch lukrativer mit dem freiwerdenden Kapital erneut Puts auf die veräußerte Aktie schreiben zu können und auf eine Korrektur zu warten (oder ggf. halt nicht).
Gruß
Antwort von Torsten
Hallo,
eine Art Feedreader oder Newsletter müsste ich meines Wissens selbst programmieren. Wäre machbar, mir aber zu viel Aufwand. Ich muss meine Zeit gut aufteilen und stecke die meiste Arbeit in Betreuung und Ausbau des Aktienfinders.
Covered Calls schreibe ich nicht mehr, weil ich im Herzen nach wie vor ein langfristig orientierter Investor bin. Ich kaufe mir Aktien, von denen ich ausgehe, dass diese langfristig steigen (Ok, bei BP eher nicht, aber das ist ein Sonderfall). Diese Aktien will ich mir nicht wegnehmen lassen. Außer der Steuerthematik ist auch fraglich, ob ich meine "Wachstumswerte" zu einem günstigeren Kurs überhaupt wieder bekommen würde. Es warten viele seit Jahren auf die Korrektur.
Viele Händler haben Langfristdepot und Tradingdepot getrennt. Logisch gesehen mache ich das auch in meinem Kopf. Covered Calls schreibe ich lediglich auf Aktien, die ich angedient bekommen habe und nicht langfristig im Depot haben möchte. Das ist aber relativ selten und bisher nur bei L Brands passiert.
Gruß zurück,
Torsten
Kommentar von Götz |
Moin Torsten,
danke für die Transparenz und mein Beileid für das Equifax-Desaster.
Da ich selbst gerade meine ersten Optionen geschrieben habe, würde mich mal interessieren, was genau den drastischen Anstieg des Optionspreises verursacht hat. War es der Kurssturz oder der Anstieg der Vola? Oder eine Kombination aus beidem?
Viele Grüße
Götz
Antwort von Torsten
Hallo Götz,
danke für das Mitgefühl. Jetzt geht es mir schon besser.
Der Kurssturz hat den Anstieg der Vola verursacht. Die letzten Optionen hatten eine implizite Vola von über 80 Prozent. Ich werde mir in Zukunft zwei Mal überlegen, ob ich auf außerordentliche Desastermeldungen Puts schreiben werde und lieber zunächst kleine Brötchen backen.
Gruß!
Torsten
Kommentar von Matthias Schneider |
Moin Torsten,
weil das stimmt was Du schreibst, genau aus diesem Grund meide ich Aktien mit hohen Kursen, damit praktisch kein so ein hoher Buchverlust entstehen kann.
Ich würde persönlich ja schließlich auch nicht 100 Aktien zu 100 USD kaufen wollen. Meine persönlichen Tranchen sind eher so zwischen 1.500 und 2.500 USD. Eher im unteren Bereif. Also entspricht das Aktienkursen von 15 bis 25 USD. Bei 5 USD Gebühren mache ich das doch problemlos.
Das meinte ich ja auch mal mit Prämie/Risiko Ratio. Wenn ich 80 USD auf ein Risiko von Strike 17,50 (also 1.750) bekomme, dann ist mir das lieber, als vielleicht eine Prämie von 100 USD auf einen Strike 50 USD (Risiko von 5.000). Außerdem stehen da 4,5% gegen 2% bei ähnlichen Laufzeiten natürlich.
Mein laufender short Put auf FL mit Strike 30 ist da schon über dem oberen Ende. Aber für 3.000 minus Prämie würde ich sie auch noch einbuchen lassen.
Schönes Wochenende
MS
Kommentar von Ingo von Mission-Cashflow |
Sehr schöne Dokumentation und Kommentierung deiner Trades. Kann man toll die Gedankengänge nachvollziehen und dies ist sehr hilfreich für Einsteiger.
Den Einsteigern sollte nur immer klar sein, dass dies deine Strategie ist und jeder seine eigene finden muss. Nicht nur stur nachmachen. Man sollte es eher als Anregung verstehen.
Ich persönlich halte es da eher mit Matthias und mein persönliches Risiko wird schon bei der Auswahl der Aktie, auf die ich die Option schreiben möchte, festgelegt. Bei mir ist auch immer der Gedanke maßgebend, würde ich die Aktie für den Strike auch gern im Depot haben? Nur wenn ich die Frage mit Ja beantworten kann, kommt sie für den Trade in Frage.
CU Ingo.
Antwort von Torsten
Hi Ingo,
ja, kann man wunderbar nachvollziehen - auch wenn ich mir eine blutige Nase hole. Natürlich alles zum Gemeinwohl ;)
Ok, dann mache das gerne wie Matthias. Ich denke, die Argumente Pro & Contra wurden ausgetauscht.
Weiterhin viel Erfolg und Gruß!
Torsten