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Vom Dividendenjünger zum Aktionär

Sie wissen ja: Die Dividende ist der neue Zins. Mit entsprechender Schlagseite steigen viele Jung-Aktionäre in den Aktienmarkt ein. Irgendwann merkt man, dass vor der Dividende der Gewinn des Unternehmens steht. Plötzlich sieht man Aktien in einem anderen Licht und will das Depot umstrukturieren. Aber wie?

Diese Frage wurde mir vor kurzem auf Facebook gestellt, und weil die Antwort vermutlich auch andere interessiert, poste ich diese nun auch hier. Zunächst die Frage:

Hallo...,

Ich bin ursprünglich ein klassischer Dividendenstatege. Aufgrund einiger Blogs, Podcast und Facebook bin ich auf den Aktienfinder aufmerksam geworden. Nun was soll ich ich sagen, ich wurde von den logischen Ansichten bekehrt. Jetzt möchte ich mein Depot auf Wachstumswerte umstellen, da ja mein Depot bisher Coca Cola und Co (Dividendenwerte) enthalten hat.

Ich bin am überlegen diese jetzt zu verkaufen und dafür neue Wachstumswerte zu erstehen. Wie habt ihr euer Depot umgebaut? Habt ihr die alten Aktien drin gelassen oder ausgesondert?

Ich würde gerne eine weitere Frage gleich mit anschieben: Bei Dividendenwerten gilt ja (ratskomplett) Buy & Hold bis zum Ende, wegen der Dividende. Verkauft ihr als Wachstumsstrategen auch wieder Aktien und woran macht ihr das fest?

Falls es hierzu bereits einen Beitrag gibt, bitte ich's mir nachzusehen. Habe die Suche schon durchlaufen lasen ohne etwas gefunden zu haben.

Vielen Dank für eure Antworten.


Meine Stellungnahme war diese:

Hallo...,

du stellst sehr interessante Fragen. Ich gebe meine Meinung zum Besten und hoffe, dass andere sich ebenfalls beteiligen.

„Jetzt möchte ich mein Depot auf Wachstumswerte umstellen, da ja mein Depot bisher Coca-Cola und Co (Dividendenwerte) enthalten hat.”

Zunächst gibt es kein „entweder oder“ zwischen Wachstumswert und Dividendenwert. Eine Aktie kann beides oder auch nichts von beiden sein. Wenn du bisher ausschließlich solide Dividendenzahler im Depot hast, sollte der Wahrscheinlichkeit nach der ein oder andere Wachstumswert dabei sein.

Der zentrale Unterschied zwischen Wachstumswert und Dividendenwert liegt in der Betrachtungsweise. Beim Wachstumswert-Ansatz steht die langfristige Gewinnsteigerung des Unternehmens im Vordergrund, beim Dividenden-Ansatz ist es die Dividende. Der Gewinn wird dann eher beiläufig betrachtet unter dem Aspekt, ob die Dividende sicher ist. Z.B. über die Ausschüttungsquote.

„Ich bin am Überlegen diese jetzt zu verkaufen und dafür neue Wachstumswerte zu erstehen. Wie habt ihr euer Depot umgebaut? Habt ihr die alten Aktien drin gelassen oder ausgesondert?“

Ich kam ganz ursprünglich vom Stuttgarter Aktienclub und hatte in meinem Depot dann auch Dividendenaktien, die zwar Dividenden zahlten, aber nicht so richtig von der Stelle kamen.

In dem Maße, in dem ich mehr und mehr die Wachstums-Perspektive einnahm und die entsprechenden Kennzahlen erdacht und in den Aktienfinder integriert habe, konnte ich auch mein eigenes Depot besser durchleuchten. So habe ich dann auch Aktien, die den Ansprüchen nicht genügten, schließlich verkauft. Unter anderem General Electric, Nestle, Procter & Gamble, etc. wobei ich ursprünglich den Fehler gemacht hatte, zu sehr auf vermeintlich krisensichere Branchen zu setzen. Insbesondere die Nahrungsmittelbranche.

Einige dieser Aktien aus der „alten Zeit“ habe ich noch immer. Insbesondere aus steuerlichen Gründen (Verlust der Steuerfreiheit, hohe Abgeltungssteuer) gibt es die ein oder andere Aktie, die ich weiterhin halte, obwohl ich sie heute nicht mehr unbedingt kaufen würde.

Um nichts zu überstürzen, kannst du zunächst bei deinen Neukäufen den Wachstumswert-Ansatz berücksichtigen und dich dann in einem zweiten Schritt – falls du dich damit wohlfühlst – an die Umstrukturierung deines Depots wagen. Ein paar Wochen und Monate sollten da keine Rolle spielen.

„Bei Dividendenwerte gilt ja (ratskomplett) Buy & Hold bis zum Ende“

Starres Buy & Hold wäre eine Extremform der Dividendenstrategie, von der ich abrate. Ein bisschen flexibel sollte man schon sein. Dass schließt auch den Verkauf einer Aktie mit ein, falls es dauerhaft nicht mehr läuft und im schlimmsten Fall sogar die Dividende gestrichen wird.

„Verkauft ihr als Wachstumsstrategen auch wieder Aktien und woran macht ihr das fest?“

Grundsätzlich ist die Wachstumsstrategie langfristig ausgerichtet. Denn der Zusammenhang zwischen steigenden Unternehmensgewinnen und steigenden Aktienkursen und Dividenden ist ein langfristiger. Kurz- und mittelfristig können Marktlaunen / Krisen die Kurse in die andere Richtung schicken.

D.h. Verkäufe finden nicht regelmäßig statt, sondern ausschließlich dann, wenn sich die Gewinnaussichten eines Unternehmens dauerhaft verschlechtern.

Ich denke, für die Masse der Anleger ist das die richtige Grobrichtung. Man kann aber sportlicher an die Sache rangehen und z.B. versuchen, unterbewertete Wachstumswerte zu kaufen und überbewertete Wachstumswerte zu verkaufen. Die unterschiedlichen Fair Value Berechnungen des Aktienfinders ermöglichen einen solchen Ansatz. Tatsächlich tätige ich sowohl Käufe als auch Verkäufe auf Grundlage von Über- und Unterbewertung. Auch den Verkauf von Optionen (hat mit der Wachstumsstrategie direkt rein gar nichts zu tun) mache ich teilweise von der Bewertung der Aktie abhängig. Allerdings ist das ein Ansatz, von dem ich gerade Anfängern unbedingt abraten möchte.

Ich hoffe, es war die ein oder andere Anregung dabei. Es würde mich freuen.

Auf gute Investments,

Torsten

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