Mein Regelwerk für Aktienoptionen
Wenn man sich in den Optionshandel mit Aktien einarbeitet, droht man sich in den Details zu verlieren. Jedenfalls erging es mir so. Ein Haufen an Strategien und Möglichkeiten, die mir offen stehen und mich am Anfang mehr verwirren als sie mir nützen. Doch mittlerweile klärt sich die Sicht und habe ich ein kleines Regelwerk für den Hausgebrauch ausformuliert.
Entsprechend der gemachten Erfahrungen werde ich es so lange anpassen, bis ich mit den Ergebnissen zufrieden bin. Möglicherweise ist das nie der Fall. Wir werden sehen.
Ziel: Geld verdienen mit Aktienoptionen
Ich beschränke mich momentan auf Aktienoptionen. Mit den Einnahmen aus Prämien verspreche ich mir eine zusätzliche Möglichkeit, regelmäßige Einnahmen zu generieren ohne dabei das Depot an die Wand zu fahren. Dabei soll mir ein Regelwerk helfen, dass ich so kurz wie möglich halte.
Durch das Regelwerk verspreche ich mir:
- eine einfachere Durchführung des Optionshandels, da ich mich an die Regeln halte, anstatt mir immer wieder neu überlegen zu müssen, wie ich agiere
- eine einfachere Erfolgskontrolle. Durch standardisierte Abläufe lassen sich mein Erfolg und Misserfolg leichter auf eine Ursache zurückführen. Im Idealfall passe ich eine Regel an und erziele ein besseres Ergebnis
- durch Verlustbegrenzung das Depot zu schützen
Ausübung
Kommt eine Ausübung der Aktienoption in Betracht, gelten für mich weniger Regeln, als wenn keine Ausübung einkalkuliert ist. Vor dem Schreiben einer Option muss mir deshalb klar sein, ob ich mich ausüben lasse oder nicht.
Ausübung | Ja | Nein |
---|---|---|
Risiko(*1) | Die Aktie | Die Option. Delta max. 0.15 |
Tradeaufbau (*2) | Situationsbedingt | Keine Staffelung |
Handelsrhytmus (*3) | Max. zwei mal täglich | |
Max. Prämienhöhe Einstand | Situationsbedingt | Max. 0,25% des Depotwerts |
Max. Prämienhöhe Rollen (*4) | Kein Rollen bei Ausübung | Max. 0,5% des Depotwerts |
Max. Positionsgröße der Aktie | Max. 5% des Depotvolumens | Irrelevant |
Earning Trades | Situationsbedingt | Nein |
Laufzeit | Situationsbedingt | Zwischen 25 - 45 Tage |
Charttechnischer Trend (*5) | Situationsbedingt | Abhängig von der Marktlage |
Implizite Volatilität | Situationsbedingt | Min. 30% auf das Jahr |
Profitabilität (*6) | Keine Mindestrendite | Min. 0,75% auf den Monat |
Verlustbegrenzung (*7) | Nein, da Ausübung | Höhe der Prämie bei 200% |
Gewinnmitnahme (*8) | Situationsbedingt | Rückkauf i.d.R bei 40-50% |
Anmerkungen
1. Risiko
Will ich mich ausüben lassen, so liegt das Risiko in der Aktie, die mir entweder angedient wird (Put - zukünftiges Kursrisiko durch die Aktie) oder die ich bereits besitze und verkaufen muss (Call - jetziges Kursrisiko durch die Aktie). Will ich mich hingegen nicht ausüben lassen, liegt das Risiko in der Aktienoption.
Vor dem Schreiben jeder Aktienoption prüfe ich die Nachrichtenlage auf negative Meldungen.
1.1 Auf welche Aktien ich mich ausüben lasse
Ich möchte mich nur für Aktien ausübungen lassen, die ihren Gewinn langfristig steigern und günstig bewertet sind. So kann ich davon ausgehen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich mir angediente Aktien ohne Kursverlust verkaufen kann. Hierfür müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
- Korrelation Earnings per Share mind. 0.7
- Steigerungsrate Earnings per Share auf 5 Jahre mind. 5 Prozent
- 2 von 3 Berechnungen des Fair Value zeigen eine faire oder sogar eine Unterbewertung an
Die Daten beziehe aus dem Aktienfinder.
2. Tradeaufbau
Ich habe bemerkt, dass häufiges Rollen (einen Verlusttrade schließen und neu aufsetzen) in kurzer Zeitfolge psychisch belastend wirkt. Wenn ich die Strikes staffele (z.B. Strike 95 und 100), muss ich im Abwärtstrend öfter Rollen. Das will ich vermeiden. Außerdem will ich hierdurch Tempo rausnehmen, um Hektik und dadurch entstehende Fehlhandlungen zu vermeiden.
3.Handelsrhytmus
Ich neige dazu, zu oft nach den Kursen zu schauen. Gerade in heißen Phasen führt dies zu erhöhter Nervosität. Deshalb nehme ich mir vor, maximal nur noch zwei mal täglich meine Handelsplattform zu öffnen, um eventuell nach neuen Optionstrades zu suchen oder bestehende Trades anzupassen.
4.Maximale Prämienhöhe
Beim Rollen halte ich mir offen, die Anzahl der Kontrakte zu erhöhen. Hierdurch erhöhen sich auch sowohl Prämie als auch Risiko. Die Höhe der Präme nach Rollen will ich von 0,25 Prozent bei Eröffnung nach Rollen auf maximal 0,5 Prozent des Depotwerts begrenzen.
5. Charttechnischer Trend
5.1. Falls keine Ausübung in Frage kommt
Hier unterscheide ich, ob wir uns in einem steigenden oder fallenden Markt befinden.
In fallendem Markt
In fallenden Märkten scheibe ich Puts auf die Aktien, deren Kursentwicklung am stärksten ist, weil ich davon ausgehe, dass sich diese Aktien am schnellsten wieder erholen. Eine starke Kursentwicklung heißt:
- Kurs vor dem Einsetzen der fallenden Märkte oberhalb des 20er-Moving-Average im Wochenchart (W1)
In steigendem oder seitwärts laufendem Markt
Lediglich allgemeine Berücksichtigung von Widerständen und des Treppensteigen-Modells. Das bedeutet kein Schreiben von Puts, wenn nach einem tieferen Tief sich der Kurs bei einem Zwischenhoch befindet, dass bei Berührung des Widerstands in Form des vorletzten Tiefs wieder nach unten zu kippen droht.
6. Profitabilität
6.1 Im Falle einer möglichen Ausübung
Will ich mich ausüben lassen, so steht nicht die Option im Vordergrund, sondern die Aktie. Ich schreibe z.B. einen Put mit Strike 50, weil ich mir sage, dass ich die Aktie für 50 haben möchte. Für das Warten in Form einer Prämie bezahlt zu werden, ist ein netter Nebeneffekt, der keiner Mindestrendite bedarf.
6.2 Falls eine Ausübung ausgeschlossen ist
Da hier wegen des Rückkaufs ein Verlustrisiko besteht, definiere ich für das Risiko einen “Mindestlohn”:
- Die Rendite auf den Monat muss mind. 0,5 Prozent betragen
- Die implizite Volatilität beträgt mind. 30 Prozent
7. Verlustbegrenzung
Gewinnfall
Ich kaufe die Option zurück, sobald der Preis auf 40% der ursprünglichen Prämie gefallen ist. Falls alle relevanten Regeln eingehalten werden, schreibe ich anschließend die nächste Option.
Verlustfall
Bei Aktienoptionen auf Aktien, für die ich nicht ausgeübt werden möchte, kaufe ich zwecks Verlustbegrenzung spätestens zurück, sobald sich die Höhe der ursprünglichen Prämie verdreifacht hat (200%-Regel).
Im Verlustfall rolle ich, insofern der Trade alle relevanten Optionsregeln einhält.
Bei Aktienoptionen, für dich ich ausgeübt werden möchte, gibt es keine Regel zur Verlustbegrenzung.
8. Gewinnmitnahme
Der Rückkauf ist bei 40 - 50 Prozent abhängig von der Volatilität. Bei hoher Volatilität kaufe ich eher bei 50 Prozent wieder zurück. Zum einen ist das Risiko höher, dass der Trade später gegen einen läuft, zum anderen ist so die Möglichkeit gegeben, schneller eine neue Option auf denselben Basiswert zu verkaufen. Dies trifft insbesondere auf meine Optionen auf Indizes wie den S&P 500 zu. Falls die Option nur noch eine kurze Restlaufzeit hat und die Volatilität niedrig ist, kann ich die Option auch gewollt auslaufen lassen.
Kommentare
Auch kritischer Natur sind ausdrücklich erwünscht.
Kommentare
Kommentar von Konrad |
Rückkauf bei 40% Gewinn verstehe ich nicht. Wenn Du noch eine lange Restlaufzeit von größer 2 Monaten hättest ok. Aber Du hast rel. kurze Laufzeiten. Daher:
1) Da Du im Gewinn bist, liegst Du wohl mit Deiner Annahme richtig
2) Da Du im Gewinn bist, ist Dein Abstand zum Strike größer geworden (=mehr Sicherheitspuffer)
3) Du hast zusätzliche Gebühren für Kauf und Neukauf.
Bei Gewinnmitnahme rechne ich die Restlaufzeit ein und der Ertrag der dann zu bekommen wäre (Kaufkurs+Gebühren) im Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Das kann dann p.a. hochgerechnet werden um Vergleichbar mit anderen (Neuanlage) zu sein.
Antwort von Torsten
Hallo,
wenn nur noch wenige Tage Restlaufzeit sind und die Option weit aus dem Geld ist, kaufe ich aucht nicht zurück (geht aus dem aktuellen Regelwerk nicht hervor). Meine Laufzeiten gehen von ca. 30 Tage bis über 3 Monate. Also nicht durchwegs kurz laufend.
Zu deinen Punkten:
2) Durch den Zeitwertverlust muss der Abstand zum Strike nicht größer geworden sein. Er kann sogar kleiner geworden sein und die Option ist trotzdem weniger wert. Dafür ist das Gamma dann hoch. D.h. der Optionspreis bewegt sich sehr schnell, wenn sich der Aktienkurs ändert. In einem solchen Fall ist der Rückkauf Pflicht. Auch bei einer Restlaufzeit von wenigen Tagen. Läuft der Kurs die letzten 2 Tage gegen dich, hättest du sonst verloren.
3) Für den Verkauf ja. Für den Kauf weniger, weil ich aktuell nicht margin-begrenzt arbeite. D.h. die Optionen laufen so nebenbei mehr oder weniger auf Sparflamme. ;)
Gruß!
Kommentar von Dennis |
Hallo Torsten,
ich bin heute auf deine Seite gestoßen und finde diese echt super und lehrreich. Ich habe eine Frage zu deinen zuletzt geschriebenen Puts auf den SPY. Diese sind ja relativ weit aus dem Geld und ein Verfall der Optionen ist sehr wahrscheinlich. Kaufst du solche Optionen bei 40 % zurück oder lässt du diese wertlos verfallen? Ich habe auch Puts geschrieben und frage deshalb :)
Ich handel ebenfalls nach deinen bzw. den Regeln von Jens Rabe und er betont auch immer wieder den Rückkauf.
Viele Grüße und weiter so!
Dennis
Antwort von Torsten
Hallo Dennis,
ich kaufe die SPY Puts zurück. Und zwar schon bei 50 % Restwert - sogar bei den Kurzläufern. Wenn die Vola runter geht, kaufe ich den Put zurück, und geht die Vola wieder hoch, verkaufe ich erneut. Durch den höheren Umschlag hoffe ich so gesamt mehr Gewinn zu erzielen. Außerdem ist auffällig, dass kurz vor Schluss die Vola schön ansteigt. Kurz vor Börsenschluss Optionen verkaufen hat sich die letzten Tage bewährt ;)
Lieben Gruß!
Torsten
Kommentar von Markus |
Hallo Torsten,
mir geht es aktuell auch so wie von dir in deiner Einführung beschrieben. Ich verlieren mich in Details. Immer wieder lese ich was neues, und denke ich bin noch nicht soweit. Dann das nächste Video, die nächste Strategie etc. Ich glaube für mich wäre es das beste doch mal einen Lehrgang zu diesem Thema zu machen. Evtl. bei Jens, der scheint mir sehr kompetent auf diesem Gebiet.
Wie ermittelst du eigentlich die für Optionen in Frage kommenden Aktien? Screenst du evtl. ? Und wenn dann wie und wo? Habe noch nicht gefunden wo man z.B. nach IV, IVR etc. screenen kann.
Ich bin noch lange nicht soweit mir so ein Optionsregelwerk anlegen zu können. Ich schreibe für den Anfang aktuell nur CSPs.
Antwort von Torsten
Hallo Markus,
der Einarbeitunsaufwand bei Optionen ist deutlich höher als bei Aktien. Jens Rabe bietet einen Basiskurs für unschlagbare 5 € an. Den habe ich mir damals auch gegönnt. Ist sein Geld x-fach wert.
"Wie ermittelst du eigentlich die für Optionen in Frage kommenden Aktien?"
Ein netter Screener, welche Aktienoptionen gerade teuer (und lohnenswert zu verkaufen) sind, ist dieser:
https://trade.dough.com/#/
Du musst mal schauen, ob du dich über die Handy-App von denen noch anmelden kannst. Über den Desktop geht das nicht mehr.
Ich selbst habe meine x Aktien, die ich veroptioniere. Und in der Trader Workstatation (Handelsplattform) sieht man ebenfalls sehr gut, ob sich der Verkauf einer Option lohnt. D.h. ich screene nicht den Markt ab und nutze auch den Link oben nicht mehr.
LG!
Kommentar von Sven R. |
Hallo Torsten,
vielen Dank für den guten Einblick in das Thema!
Das Thema Optionen ist interessant, allerdings stehe ich hier noch ziemlich am Anfang. Mich irritiert (u. a.) die Kontraktgröße, die ja meistens bei 100 liegt.
Wenn ich mir nun meine Watchlisten so anschaue, dann wäre das Klumpenrisiko bei Ausübung doch recht groß (Verkauf einer Put Option). Bei einer Alphabet oder Amazon wären das dann im Zweifel über 100 TEUR.
Habe ich hier einen Denkfehler?
Gruß Sven
Antwort von Torsten
Hallo Sven,
nein, du hast keinen Denkfehler. Weil es bei einem Kontrakt schon um größere Summen geht, spielt bei Aktienoptionen das Risikomanagement eine große Rolle, um zu verhindern, dass man durch wenige Verlust-Optionen in ernsthafte Schwierigkeiten gerät.
Lieben Gruß!
Kommentar von Martin Dilger |
Hallo Torsten ,
Vielen Dank für deine Seite, sehr informativ.
Was mich noch interessieren würde, begrenzt du dich bei den Optionen auf Short Puts und Calls oder handelst du auch Long Optionen und / oder Kombi Strategien wie Strangles und Spreads?
Antwort von Torsten
Hallo Martin,
long Aktienoptionen mache ich sehr selten, weil auf der Longseite die Gewinnchancen geringer sind. Kombistrategien wie Strangle/Straddle/Butterfly/... mache ich ebenfalls kaum. Ich bleibe bei KISS - keep is simple stupid.
Lieben Gruß,
Torsten
Kommentar von Patrick |
Hallo Thorsten,
du schreibst, dass du deine Optionen bei 200% Verlust zurück kaufst.
Zum Verständnis:
Angenommen ich habe eine Option Short/Put, Prämie 46$.
Verkaufst du die Option dann wenn bei Unrealisierter G/V -200% steht?
Dann müsste der Kurswert -138$ betragen.
Ist mein Gedanke richtig?
Ich bin da noch etwas unsicher :)
Antwort von Torsten
Hallp Patrick,
deine Rechnung ist korrekt.
LG!
Torsten
Kommentar von Dieter Albiez |
Hallo Torsten,
handelst Du keine Aktienoptionen mehr?
Lieben Gruss
Antwort von Torsten
Doch. Nur berichte ich nicht mehr darüber. Kostet mich nur zusätzlich Zeit, die ich mittlerweile in andere Dinge stecke.
Lieben Gruß zurück!
Kommentar von Mathias |
Hallo Torsten,
es ist schon so, wie Du es auf deiner Seite beschreibst: Es gilt den Optionshandel auch kritisch zu betrachten und nicht nur rosig zu sehen. Ich habe auch selbst lernen müssen, dass es schmerzt, wenn man ohne ein Regelwerk ("Risk- & Moneymanagement) an die Sache herangeht. Es kann durchaus auch mal schnell gehen - siehe Facebook-Absturz im Januar. Ein verkaufter PUT tut da richtig weh.
Auf der anderen Seite kann aber durchaus gutes Geld "verdient" werden, wenn man sich eben strikt an ein vorab definiertes Regelwerk hält.
Liebe Grüße,
Mathias